REITERJOURNAL-EXTRA 2018 - Donnerstag
Seite 42 Rei ter journal -Ext ra Donnerstag, 15. November 2018 D ie knapp 100 Kilometer, die Marcel Marschall jetzt von Riedlingen an der Donau nach Stuttgart zurückgelegt hat, waren ein Katzensprung. Ungewohnt kurz. Denn in den vergangenen Wochen hat der 27-jährige Springreiter und Juniorchef des internationalen Turnierstalls seines Va- ters Manfred mehr Zeit am Steuer seines Pferdetransporters verbracht als im Sattel seiner Pferde. Und das will etwas heißen, denn auf dem Pferderücken verbringt er fast sein halbes Leben. Vor wenigen Tagen ist Marschall aus dem slowakischen Samorin zurückgekehrt, dort siegte er mit der erst neunjährigen Holsteiner Stute Crystal in ei- nem Weltranglistenspringen. Mit dem Schweizer Schimmel Cassius van de Smis wurde er Vierter, Fenia van Klapscheut lie- ferte in einem 1,60-Meter-Springen eine saubere Runde und wurde ebenfalls Vierte. So war es häufig in diesem Jahr, das Mar- schalls bislang erfolgreichstes im internatio- nalen Turnierzirkus ist. Häufig war er im Ausland bester deutscher Reiter, gewann Große Preise und wichtige Springen. Der Mann aus Oberschwaben ist viel unterwegs in Europa – und jetzt sogar darüber hinaus. Da macht es auch nichts aus, dass Riedlin- gen eher abgelegen ist; Darauf kommt es dann auch nicht mehr an. Seinen bislang weitesten Turniertrip unter- nahm der junge Marschall im Oktober, als er die knapp 30-stündige Fahrt nach Algeciras in Andalusien unternahm, dem Fährhafen nach Marokko. Drei Stationen musste er mit seiner Partnerin und – in diesem Falle – Bei- fahrerin, der Finnin Pauliina Parikka einle- gen, damit die Fahrt pferdegerecht ablaufen konnte. Wie gut, dass Marschalls in Frank- reich und Spanien von früheren Turnier- starts eine Reihe von Ställen kennen, in de- nen die Pferde eine Nacht abgeladen werden konnten. Dennoch: „Für eine Autostrecke war das grenzwertig“, sagt der junge Mann, der zu den Global Playern des Sports gehört. Denn die Turnierstarts im Ausland gehören zum Geschäftsmodell der Marschalls, die ei- nen weltweiten Handel mit Spitzen-Spring- pferden betreiben. Die Arbeitsteilung ist op- timal: Mit 27 Jahren ist der Marschall in den besten Jahren, die Pferde auf den Turnier- plätzen zu zeigen, auch in Marokko war er bester Deutscher bei der Turnierserie, die seinen Ehrgeiz entwickelt, dafür „beißt“ er jetzt umso mehr. Auf Rang 147 der Weltrangliste rangierte er vergangene Wo- che, da waren Marokko und Samorin nicht mitgezählt. Unter den Top120 will er die Saison beenden. Dass ist kein Problem, wenn es hier in Stuttgart gut klappt. Er hat vier Toppferde zur Auswahl. Zu jenen, die in Marokko dabei waren, ge- hört die 14-jährige Holsteiner Stute Utopia, die sehr schonend ein- gesetzt wird. Im vergangenen Jahr schafften die beiden es im German Master am Freitag- abend sogar unter die besten zwölf. Da will er wieder hin. Roland Kern Der Marschall war beim König …und sogar erfolgreichster deutscher Reiter bei der Marokko Royal Tour. von El Jadida über Rabat nach Tetouan führte. Vater Manfred, der seit einigen Jah- ren nur noch im Training im Sattel sitzt, kümmert sich um die Geschäftsbeziehungen. Eine Reihe international erfolgreicher Springer, darunter einige Cham- pionatspferde, stam- men aus Marschalls Stall; der bekannteste ist Nino Des Buissonnets, Steve Guerdats Olympia- pferd von 2012. Deshalb war auch Ma- rokko ein wichtiges Ziel des Schwaben. Die arabi- sche Welt mit ihren uner- messlich reichen Adli- gen, die den Pferdesport entdecken, ist für inter- nationale Geschäftsleute im Pferdebusiness ein goldenes Pflaster. Auch hinter der „Marokko Royal Tour“ steckt ein Mann, der für Pferde die Gold- schatulle weit öffnet: Kö- nig Mohammed VI machte 2016 seinen Landsmann Abdelke- bir Ouaddar mit d em He ng s t Qu i c k l y de s Kreisker beritten und ermöglichte somit den ersten Start eines marok- kanischen Springrei- ters bei Olympischen Spielen in der Geschichte seinen Landes. Der Internationale Springpferde- Besitzer Club zeichnete den König als „Pferdebesitzer des Jahres“ aus. Marschall war übrigens von den Bedingungen und dem schillernden Le- ben auf den Turnier- plätzen ebenso beein- druckt wie von den strengen Sicherheits- vorkehrungen. Marcel Marschall hat im Springreiten erst relativ spät Marcel Marschall startet in Stuttgart in der großen Tour. Foto: Heide
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