REITERJOURNAL-EXTRA 2018 - Freitag

Freitag, 16. November 2018 Seite 29 15. 11.–19. 11. 2017 und Großeltern unterstützten das Mädchen; als Juniorin war sie sogar einmal thüringi- sche Landesmeisterin. „Ich wollte immer nur reiten“, grinst sie heute. In diesem Jahr besuchte das Mädchen mit ihren Eltern das größte Hallen-Reitturnier im Land, die „Thuringia Indoors“ in Erfurt. Sie trug sich mit dem Gedanken, eine Pferde- wirt-Ausbildung zu machen und hatte sich kurz davor von der Arbeitsagentur eine Liste mit Ausbildungsbetrieben in der ganzen Re- publik schicken lassen. Darauf stand auch ein Jürgen Kurz, Pferdewirtschaftsmeister in Leingarten. Auf der Landkarte hatten die Meyers nachgeschaut, wo das liegt: In Ba- den-Württemberg bei Heilbronn. An den Namen erinnerte sie sich wieder, als er auf der Starterliste der „Thuringia In- doors“ auftauchte. Im Sattel sah sie einen drahtigen Mann, der sie mit seinem feinen Stil, seiner Präzision und seinen gut geritte- nen Pferden gleich schwer beeindruckte. Also schrieb sie eine Bewerbung an Jürgen Kurz, der in Leingarten einen Ausbildungs- betrieb leitet und außerdem Landestrainer in Baden-Württemberg ist. Sie ritt einmal vor – und hatte den Ausbildungsplatz in der Ta- sche. Mit 18 Jahren und kurz nach dem Abi- tur zog Elli Meyer ins Schwäbische um. Dort wurde sie schnell bekannt – als Muster- schülerin des Landestrainers. „Er hat den Grundstein meines Reitens gelegt“, beschei- nigt sie heute. Der erste Eindruck täuschte nicht. Jürgen Kurz kümmerte sich mit der gleichen Gewissenhaftigkeit um die Ausbil- dung seiner angehenden Pferdewirtin. Das feine Reiten, die kompromisslose Dressurar- beit, die Technik im Parcours, Reiten so ak- kurat wie schwäbische Feinmechanik. „Das hatte alles sehr ordentlich zu sein“, be- schreibt sie. Es hat sie geprägt. Da Jürgen Kurz schon lange auf das Herausbringen junger Springpferde spezialisiert ist, lernte sie vor allem das Heranführen junger Pferde in den Sport. Alles Erfahrungen, die einem Berufsreiter auf seinem Weg nur nützen können. So war es auch bei Elli Meyer. Zehn Jahre blieb sie am Stall Kurz, ritt an- fangs eigene Pferde wie Lasandro und Papa ante Portas, Ausbildungs- und Verkaufs- pferde, viele Nachwuchspferde, darunter FBW Casaraki ins Finale der sechsjährigen Springpferde beim Bundeschampionat, sie- benjährig zum ersten S-Sieg und zum Ran- king-Platz eins seines Jahrgangs, bundes- weit. Sie gewann in dieser Zeit ihr erstes S- Springen, bekam das Goldene Reitabzeichen und qualifizierte sich für das BW-Cup-Finale in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle. Weil Jürgen Kurz, wie so viele Profis im Land, im- mer mal wieder Geschäftskontakte mit Diet- mar Gugler hat, wurde der internationale Ausbilder und Pferde-Geschäftsmann auf die stark reitende Amazone aufmerksam. So ka- men auch immer wieder mal Gugler-Pferde unter Elli Meyers Sattel. Als sich im vergan- genen Jahr andeutete, dass David Will, der nach der Schwedin Angelica Augustsson Chefbereiter im Gugler-Stall war, eigene Wege gehen wollte, sprach Gugler, gebürti- ger Schwabe, die Wahl-Schwäbin an, ob sie nicht an seinen Stall wechseln wollte. Sie er- kannte die Chance – und hat diese Verände- rung in ihrem Leben nie bereut. Ein Jahr lang hat Elli Meyer jetzt in Pfungstadt bei Darmstadt gelebt. Im August ist sie mit allen Pferden und dem Team nach Gut Ising an den Chiemsee umgezogen. Von dort stammt Dietmar Guglers Frau Sylvia. Jetzt trainiert die junge Frau aus Nordhau- sen in Bayern mit Seeblick. Sie startet aber nach wie vor für den Reiterverein Leingar- ten, wie Jürgen Kurz auch. Nach guten Erfolgen und Drei-Sterne-Schlei- fen in diesem Jahr – auch international in Italien, Österreich oder in der neuen Heimat Ising – gibt Reitmeister Karl-Heinz Streng ihr nun erstmals die Chance, sich in der Großen Tour von Stuttgart zu beweisen. Aufgeregt wirkt sie nicht, aber durchaus vorfreudig. Die Schimmelstute Monodie H, die den Gro- ßen Preis von Ising gewinnen konnte, und die erst achtjährige DSP-Stute Olivia bringt sie hier an den Start. Der Youngster hat neu- lich in Nürnberg ein wichtiges Springen ge- wonnen. Auch zum Auftakt gestern war sie „null“, wie Monodie in einem Springen. Dietmar Gugler hat einen Termin in Las Ve- gas abgesagt, um seine Bereiterin vor Ort selbst zu trainieren. „Das gibt mir viel Sicher- heit“, sagt sie. Gugler hält große Stücke auf seine Mitarbeiterin, weil sie nicht nur viel Talent hat, sondern auch gewissenhaft und schlau ist. Zehn bis zwölf Pferde reitet Elli Meyer täglich, betreut aber auch Stammkun- den wie die US-Amerikanerin Nicole Hirt. Gugler bindet seine Bereiterin aber auch schon in Pferdegeschäfte ein, lässt sie Springpferde beurteilen und ausprobieren. Er weiß, dass er sich auf sie verlassen kann. Dass ihre Sportpferde grundsätzlich alle zum Verkauf stehen, gehört für sie zum Job wie satteln und trensen. Und dennoch freut sie sich darauf, dass der eine oder andere Kunde vielleicht ein Pferd länger behalten will. So sind ihre Vorgänger Angelica Au- gustsson und David Will immerhin Weltcup- Finale geritten. Roland Kern

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