REITERJOURNAL-EXTRA 2019 - Freitag

Seite 16 Rei ter journal -Ext ra Freitag, 15. November 2019 Dr. med. vet. Ulrich Walliser, FEI-Tierarzt: Das ist absolut so. Ich erinnere mich noch zurück an die Europameisterschaften in Mannheim. Da hatten wir lo- cker die 40-Grad-Marke geknackt. Die Pferde haben das durchweg sehr gut weggesteckt. Wenn die richtigen Vor- kehrungen getroffen werden, gibt es dadurch keine Ge- fahr. Pferde haben einfach eine viel höhere Temperatur- toleranz. Ihre Genetik ist auf die Hitze vorbereitet. Das kommt unter anderem durch den Einfluss der arabischen Rasse. Der körpereigene Kühlmechanismus funktioniert im Normalfall bestens. Auch als ich als Team-Vet in Dubai dabei war, gab es trotz sportlicher Höchstleistungen kei- nerlei Anzeichen für Herz-Kreislauf-Problematiken. Michael Jung, mehrfacher Olympiasieger: Grundsätzlich sind Pferde deutlich ro- buster, was Hitze und Kälte angeht, als wir Menschen. Sie können sich sehr gut auf unterschiedliche Bedingungen einstellen. Absolut wichtig ist natür- lich eine gute Vorbereitung. Außer- dem haben Pferde in der Regel eine sehr gute Regenerationsfähigkeit. Ein großes Plus an Tokio ist die Unterbrin- gung der Pferde, dort haben sie beste Bedingungen, sich zu regenerieren. Christian Ahlmann, Championatsreiter Springen: Wir hatten diese Diskussionen schon in Hongkong, was wurde da diskutiert – mein Gott. Letztendlich war es da warm, aber absolut ok. Es wurden viele Maß- nahmen getroffen, die Pferde reisten früher an und am Ende hat sich alles als verkehrt herausgestellt. Die Pferde sprangen nicht auf ihrem Leistungsni- veau, waren müde von der langen Zeit vor Ort. Aber man dachte halt, dass man alles anders machen müsste und das war völliger Hokuspokus. Das Pferde sollte fit sein, das gilt immer – aber wir brauchen die Welt nicht neu erfinden. Frage des Tages: Hitzeschlacht Tokio – sind Pferde belastbarer als Menschen? Fotos: TOMsPic Isabell Werth, Weltranglistenerste der Dressur: In jedem Fall werden wir es mit extremen Bedingungen zu tun haben, aber wir hatten schon häufiger die Diskus- sionen. Der Vorteil der Dressur und des Springens ist, dass die Prüfungen am Abend stattfinden. Das ist sicher- lich machbarer. Das Cross wird zu einer Herausforde- rung. Aber letztlich geht es für uns alle darum, die opti- male Vorbereitung und Fitness unserer Pferde zu errei- chen, um dort Top-Leistungen zu bringen. In Tryon bei den Weltreiterspielen haben wir ein bisschen einen Vor- geschmack bekommen, aber Bella Rose als gangfreudi- ges Pferd kam da gut zurecht. Bei Weihe oder Emilio müsste ich schon mehr nachdenken. Dorothee Schneider, Mannschaftsolympia­ siegerin Dressur: Die Frage beschäftigt einen schon. Aktuell werden Unter- suchungen dazu angestellt, ob wir Pferden das Schwitzen beibringen können. Ich habe ja zum Glück auch ein eher heißes Pferd, aber je nach Charakter muss man sich schon sehr Gedanken über das Abreiten machen.

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