REITERJOURNAL-EXTRA 2019 - Samstag

Wir haben einige Jahre über die fehlenden Erfolge gesprochen – sieht so aus, als würde es seit der WM letztes Jahr wieder laufen? Wenn ich auf dieses Jahr blicke, war die Eu- ropameisterschaft sehr gut. Die Silberme- daille mit dem Team, Platz vier und fünf im Einzel und die Rückkehr von Christian und Daniel ins Team – das war sehr erfreulich. Dafür war die Nationenpreissaison eher durchwachsen. Da haben wir – mit Aus- nahme Aachen – einfach nicht die Ergeb- nisse gehabt. Besonders freut mich aber auch, dass wir bei allen Nachwuchs-EMs Teammedaillen gewinnen konnten. Es ist wichtig, dass junge Leute nachkommen. Wenn ich generell auf die letzten Jahre schaue, sehe ich keine längere Durststrecke. Gerade in den Teamwettbewerben waren wir meistens vorne mit dabei. Sie haben es gerade schon angesprochen: Christian Ahlmann und Daniel Deußer sind zurück im Kader und haben die Athletenver- einbarung unterschrieben. Wie wichtig ist das für das deutsche Team? Sehr wichtig. Beide sind Teamplayer, die sich in der Vergangenheit immer auf das Championat fokussiert haben. Wir hatten vorher zwei Jahre mit vielen jungen Leuten im Team – das war auch super. Wir haben mit dem jungen Team die Olympia-Qualifika- tion in Tryon geschafft, Mannschafts-Bronze gewonnen und Simone Blum wurde Einzel- weltmeisterin. Da wir aber eine dünne Decke haben, ist es umso besser, dass die beiden wieder zurück sind. Ich habe mich auch im- mer dafür eingesetzt. Waren die Verhandlungen denn schwierig? In erster Linie haben sie sich lange hingezo- gen. Beide Seiten mussten Kompromisse ein- gehen, aber wichtig ist, dass es eine Lösung gibt, mit der die FN und die beiden Reiter einverstanden sind. Es gibt keine Sonderver- einbarung, alle Athleten haben gleiche Vor- aussetzungen. Haben es neue Gesichter jetzt wieder schwe- rer, einen Championatsplatz zu bekommen? Nein. Bei der Vielzahl an Turnieren gibt es immer Platz für neue und junge Reiter, die sich in Szene setzen und beweisen können. Wenn die Leistung stimmt, hat jeder eine Chance. Sie müssen nur null reiten. Wenn Sie auf Ihren Kader blicken – wie stark sind Sie für nächstes Jahr aufgestellt? Wie eben gesagt, ist die Decke dünn. Die fünf Reiter des Championatskaders sind der Stamm, aber ich hoffe, dass noch das ein oder andere Paar für nächstes Jahr hinzu- kommt. Wichtig für uns ist die Konstanz. Wie viele Sorgen macht Ihnen das neue For- mat mit nur drei Reitern? Das haben wir alle nicht gewollt und dage- gen gekämpft. Wenn jetzt einem Reiter ein Missgeschick passiert, platzt das ganze Team. Meines Erachtens gab es für diese Entscheidung keine Notwendigkeit, aber es bringt auch nichts, darauf jetzt noch weiter Energie zu verschwenden. Die Entscheidung ist gefallen. Mindestens genauso schlecht finde ich aber – und kann es überhaupt nicht nachvollziehen – dass die Einzelentschei- dung vor der Teamentscheidung stattfindet. Eigentlich zählte immer das Team zuerst und die Einzelentscheidung war das i-Tüp- felchen danach. Jetzt besteht die Gefahr, dass jeder erstmal auf sich selbst achtet. Ein Blick auf Tokio: Wo landen Sie am Ende? Das weiß ich nicht, aber Priorität hat – ob- wohl die Einzelentscheidung zuerst stattfin- det – das Team. Und das Ziel ist ganz klar eine Mannschaftsmedaille. Das Gespräch führte Monika Schaaf. „Die Decke ist dünn“ Otto Becker, Bundestrainer Springen, über Rückkehrer, neue Gesichter und die Stärke seines Kaders Seite 16 Rei ter journal -Ext ra Samstag, 16. November 2019 Foto: TOMsPic

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