REITERJOURNAL-EXTRA 2019 - Sonntag

SHE DID IT! Jessica von Bredow-Werndl schlägt Weltmeisterin beim Kür-Showdown. E s gibt diese bedeutsamen Meilensteine in der Karriere eines internationalen Dressurreiters. Dazu zählt der erste große Sieg, die erste Medaille, der erste Titel – und dazu gehört auch, einmal die große Isabell Werth zu schlagen. Das hat Selten- heitswert. Gestern ist es aber mal wieder passiert. Und Jessica von Bredow-Werndl aus Aubenhausen verwirklichte damit ihren nächsten Traum. In der bis auf den letzten Platz ausverkauften Hanns-Martin-Schleyer- Halle trafen die Europameisterschafts-Dritte mit Dalera auf die dreiffache Weltcup-Fi- nal-Siegerin Weihegold. Unter Isabell Werth kehrte die Don Schufro-Tochter in dieser Woche aus der Babypause zurück. Dieses Duell war schon im Vorfeld mit großer Span- nung erwartet worden. Alle Augen waren auf die letzten beiden Paare der Kür gerichtet. Dalera hatte vorzulegen, mit Weihegold als letztem Pferd kam es zum Showdown. Nach dem Sieg im Einlauf-Grand Prix schien die kugelrunde „Weihe“ im Vorteil. Doch Jes- sica von Bredow-Werndl witterte ihre Chance – schlug ihre Kür zu den Klängen von La La Land doch schon bei der „Euro“ in Rotterdam ein. Mit Personal Best aus dem Grand Prix im Gepäck legte von Bre- dow-Werndl in der Kür selbstbewusst los. Passage, Piaff-Pirouette, starker Trab – was ein Auftakt, Dalera war in Form. Mit großer Harmonie und Durchlässigkeit konnten die beiden schon am Vortag punkten. Aber die- ses Mal behielt die Ausnahmestute auch in den Serienwechseln die Ruhe. Von im Weg stehender Spannung in Runde zwei keine Spur. „Dalera kennt ihre Musik. Wenn wir sie anspielen, dann will sie los. Wir lieben beide diesen Sound“, hatte Bredow-Werndl schon im Vorfeld gesagt. Bis zum Schlussgruß hatte die zum Trakehner des Jahres ausge- zeichnete Tänzerin unter Bredow-Werndl keine Fragen offen gelassen. Wer Fehler fin- den wollte, der musste suchen. Und wurde wahrscheinlich dennoch nicht wirklich fün- dig. 88,440 Prozent errechneten die Tablets auf den Richtertischen im Schnitt. Die 90er- Marke wäre greifbar gewesen, hätte der Richter aus Luxemburg mit rund vier Pro- zent weniger als seine Kollegen nicht mit den Punkten gegeizt. Für Isabell Werth hieß es dann alles geben, um sich die Chance auf den Sieg zu bewahren. Weihegold war nach sechsmonatigem Mutterschutz in Stuttgart zwar nicht schlecht drauf, doch an der über die gesamte Prüfung auf höchstem Level ab- liefernde Dalera kam sie gestern einfach nicht vorbei. Die wie immer überragende Pi- affe-Passage-Tour reichte dafür nicht aus. Mit Pirouetten auf kleinstem Kreis und typi- schen Werth-Traversalen punktete sie sich aber noch zu Rang zwei. Für die Verhältnisse der Weltmeisterin eine Enttäuschung, für andere wäre es ein Riesenerfolg. Wie immer nahm die rheinische Frohnatur ihre „Nieder- lage“ mit Humor: „Jessi hat heute verdient gewonnen – ich freue mich für sie. Zur Ge- wohnheit lass ich das aber nicht werden.“ Bei der Pressekonferenz im Anschluss herrschte gute Stimmung. Werndl entgegnete: „Schauen wir mal. Ich kann mich da schon dran gewöhnen!“ Hinter den Kampfhähnen um den Sieg klaffte eine breite Lücke. Fast vier Prozent Abstand zwischen den Plätzen zwei und drei sind im Dres- sursport Welten. Doch auch die wei- teren Verfolger schlafen nicht auf den Bäumen. Wieder mal einen star- ken Job im Sattel machte Helen Lan- gehanenberg. Ihr liegt die Hanns- Martin-Schleyer-Halle, was hat sie hier schon für Runden gedreht! Bis heute blieben den Schwaben be- sonders die Auftritte mit ihrem ehemaligen Erfolgspferd Da- mon Hill in bester Erinne- rung. Doch längst ist sie im Sattel von Damsey FRH Zu- haus’. Die beiden sind zu ei- nem Team herangewachsen, nachdem der mit seinen 17 Jahren rüstige Hannoveraner Langehanenberg zu Beginn nichts schenkte. Doch sie brachte Seite 4 Rei ter journal -Ext ra Sonntag, 17. November 2019

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