Sonntag, 13. November 2022 Rei ter journal -Ext ra Seite 27 guckig ist wie früher, so lässt er sich doch immer wieder von äußeren Einflüssen ablenken. Andererseits hat er Qualitäten, insbesondere in Piaffen und Passagen, die ihn schon auf internationales Punkteniveau katapultiert haben. Natürlich wird Jasmin Schaudt diesmal auch nicht alleine losfahren vom Zollernsteighof nahe des Albtraufs, sondern ihr Mann, der zweifache Olympiasieger, wird sie betreuen. Und ihn regt die Schleyer-Halle nicht mehr auf. Interessant ist: Martin und Jasmin Schaudt haben eine sehr ähnliche Biografie. Martin Schaudt hatte einst ein Jura-Studium begonnen und im Laufe dessen gemerkt, dass er eigentlich viel lieber reitet als Paragrafen zu lernen. So war es auch bei Jasmin Schaudt, die aus keiner Reiterfamilie stammt und mit sechs Jahren im Verein das Reiten lernte, weil sie in Pferde vernarrt war. Nach dem Abitur studierte sie Ernährungs- und Hygienetechnik und schloss als Diplom-Ingenieurin ab. Aber schon damals bildete sie während des Studiums Pferde aus; der nahe Standort in Sigmaringen machte es möglich. Reiten war ihr wichtiger. Nach dem Studium wollte sie es wissen und heuerte für ein Jahr als Bereiterin am Stall Kasselmann an. Da war die Entscheidung gefallen. Nicht zu widerstehen Einen gewissen Anteil an diesem Lebensweg dürfte eine 2001 geborene Württemberger Stute, eine Tochter des Gribaldi, haben. Das Fohlen kam im Stall des ehemaligen Partners von Jasmin Buzengeiger auf die Welt. Matthias Schönenberger aus Hohentengen schenkte seiner Freundin die kleine Stute, die sie später Girasol nannten. Beide gemeinsam zogen fünf Jahre später auf den Zollernsteighof um. Die Championatsreiterin Nadine Capellmann, die mit Martin Schaudt 1996 gemeinsam Mannschaftsgold in Atlanta gewonnen hatte, wollte die Württemberger Stute unbedingt haben – und bot letztlich eine Summe, der die junge Frau nicht widerstehen konnte, nachdem sie einige schlaflose Nächte verbracht hatte. „Der Verkauf hat mit einem Schlag meine berufliche Existenz abgesichert“, beschreibt sie. Der Zollernsteighof liegt weit oben inmitten von Wiesen und Wäldern. Raue Alb und doch ein Familienidyll. Dort bilden die Schaudts junge Dressurpferde bis zum Grand Prix aus und verkaufen sie an internationale Kunden – das ist ihr Geschäftsmodell. Mit Einstellern und fremden Ausbildungspferden habe man nur Ärger, erklärt der Olympiasieger, der ungern Kompromisse eingeht. Die Schaudts sind gerne unter sich. Aber es funktioniert. Gut ausgebildete Grand Prix-Pferde sind auf der ganzen Welt gesucht. Zwei bis drei Pferdegeschäfte pro Jahr genügen dem Betrieb, um die Kosten zu decken und zum Leben der Familie. Erst neulich hat die Sponsorin des italienischen Championatsreiters Francesco Zaza das Nachwuchs-Grand-Prix-Pferd Vanotti und die Württemberger Stute Louane im Paket gekauft. „Sie wollte beide unbedingt haben“, deutet Jasmin Schaudt an, dass die Pferde der Italienerin wohl etwas wert waren. Vanotti soll 2024 für Italien Olympische Spiele in Paris gehen. Roland Kern
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