Seite 4 Rei ter journal -Ext ra Sonntag, 13. November 2022 Das große Dressurbeben Die Stuttgarter treiben Ingrid Klimke mit Franziskus FRH zum nächsten (unerwarteten) Weltcup-Sieg. Eine bis auf den letzten Platz ausverkaufte Schleyer-Halle – das mag vielleicht eine bloße Tatsache sein. Doch am Samstagnachmittag war in Stuttgart sehr viel mehr geboten. Die Zuschauer hatten richtig Bock und waren an, vielmehr Begeisterte des Dressursports. Nach jedem deutschen Paar tobte die Menge, wodurch sowohl der Stuttgarter Hexenkessel seinem Namen alle Ehre machte als auch einen regelrechten Battle zwischen den deutschen Reitern entfachte. Die Folge: Es fielen der Reihe nach persönliche Bestleistungen und Ingrid Klimke sowie besonders ihr Franziskus wurden so motiviert, dass sie den Traum vieler schafften: Einmal die Dressurqueen Isabell Werth schlagen. Doch von Anfang an. Die spezielle und auch schwierige Stimmung tat besonders Franziskus gut. Das musste man sich eingestehen. Während dem Hengst in der Einlaufprüfung noch ein gewisser Schalk im Nacken saß und sich die Hinterhand teilweise aktiver hätte zeigen können, setzte er die Begeisterung der Zuschauer in eigene Motivation und Konzentration um. Nicht nur Ingrid Klimke sowie die Zuschauer hatten an der Gute-Laune-Musik Freude, sondern auch der 14-jährige Hengst. Zu den besonderen Highlights zählte alles, was ins Vorwärts ging, wie soll es auch für eine Vielseitigkeitskönigin anders sein. Mit tollen Verstärkungen, super Zweier- und Einerwechsel ins Bergauf und zentrierten Piaffen punkteten sie sich zu 83,4 Prozent. Dennoch hätte der Hengst, besonders in der Piaff-Passage-Tour, noch aktiver aus der Hinterhand abfußen können. Doch das war erst einmal nebensächlich, da die beiden weitestgehend fehlerfrei durch die Kür kamen, was schlussendlich den kleinen aber feinen Unterschied machte. „Als die Musik anging, war Franziskus voll und ganz bei mir und ich wusste, jetzt läuft‘s. Im Vorhinein hätte ich niemals gedacht, dass wir hier gewinnen werden. Mit einem fünften Platz wäre ich auch zufrieden gewesen“, beschrieb die überglückliche Siegerin. Hinter Ingrid Klimke reihte sich mit Isabell Werth die überlegene Siegerin der Einlaufprüfung ein. Fast alle sind im Vorhinein wohl schon davon ausgegangen, dass Isabell Werth heute von ihrem Abonnement an Stuttgarter Siegen Gebrauch macht. Doch dem war aufgrund zu vieler Fehler nicht so. Ingrid Klimke musste vorlegen, und als Isabell Werth die Rampe in den Hexenkessel hoch ritt, lag ein Knistern in der Luft. Dieses Knistern spürte auch Quantaz, dem man seine Motivation und eine gewisse Anspannung ansah. „Quantaz war elektrisch, aber trotzdem fokussiert“, erläuterte Isabell Werth. Dementsprechend startete Isabell Werth mit einer eher vorsichtigeren ersten Piaff-Passage -Tour. Doch dann ging es los. Es folgten Isabell Werths Spezialitäten, super kreuzende Trabtraversalen, eine sehr gleichmäßige und ausdrucksstarke zweite Isabell Werth (o.) musste sich geschlagen geben. Ingrid Klimke (r.) konnte den Weltcup-Sieg überhaupt nicht fassen. Fotos: TOMsPic
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