REITERJOURNAL-EXTRA 2022 - Samstag

Seite 32 Rei ter journal -Ext ra Samstag, 12. November 2022 Schleyer-Halle mitgebracht. Sein „King“ siegte im Weltcup-Springen von Verona und soll jetzt in Prag und Genf eingesetzt werden. Das nächste große Saisonziel ist das Weltcup-Finale im April in USA. Mannschaftsgold bei Olympia, Einzel-Weltmeister in Herning, Weltcup-Sieg in einem Anrechnungszeitraum; es wäre ein historischer Erfolg, den es so noch nie gab. Henrik von Eckermann will es wissen. Hier in Stuttgart und in der Weltspitze, die er auf der Weltrangliste außerdem anführt. Dass Jannika Sprunger zuhause bleiben musste, um zu reiten, liegt auch daran, dass sie zuhause in Kessel keine angestellten Bereiter haben. Sie machen alles in der Familie. Da ist es praktisch, dass die Schweizerin den belgischen Wallach quasi mit in die Ehe gebracht hat. Sie kennt ihn genauso gut wie ihr Ehemann, der den King übernommen hat, als seine Frau schwanger war. Der Schweizer Besitzer Georg Kähny ist ein langjähriger Mäzen und Freund der Familie. Auch deshalb kann der Weltmeister so in sich ruhen, weil Kähny lässig allen Verkaufsangeboten widersteht. So kann er auch ruhig in Richtung Olympia 2024 planen. Im eigenen Anwesen wollte es Henrik von Eckermann ruhig, beschaulich und persönlich haben. Ein Stall steht ihnen ganz alleine zur Verfügung. Einen weiteren stellt er zwei jungen Reiterinnen zur Verfügung, die bei ihm trainieren. Interessant ist es schon: Henrik von Eckermann gilt als Ziehsohn und jahrelanger Musterschüler von Springprofi Ludger Beerbaum, der in Riesenbeck ein wahres Pferdeimperium aufgebaut hat. So sehr der sanfte Schwede seinem Mentor in der Reitweise auch ähneln mag, so unterschiedlich sind ihre geschäftlichen Ziele. „Ich bin keiner, der ein Riesending dreht“, beschreibt er, „ich will alles unter Kontrolle haben“. Überhaupt, lächelt er mit blütenweißen Zähnen, „bin ich ein Kontrollfreak“. Von seinem Lehrmeister hat er allerdings den Perfektionismus im Sattel mitgenommen. Es wird so lange getüftelt, bis alles stimmt. So nahm er seinem King Edward vor den Olympischen Spielen von Tokio versuchsweise die Hufeisen ab und ließ ihn barfuß springen. Das war eine kluge Entscheidung, wie man heute weiß. Mit dieser zielgerichteten Einstellung zum Sport fühlt er sich derzeit als Nummer eins und Titelträger auch nicht vermehrt unter Druck. „Ich mach mir selbst sowieso am meisten Druck“, schmunzelt er. Profisportler wollte er schon immer werden, Hockey und Eishockey hätte er sich auch vorstellen können. „Der sportliche Wettkampf reizt mich einfach“, beschreibt er ambitioniert. Mit Wohnsitz in Holland, einer Schweizer Frau und einem belgischen Pferd, ist er doch ganz Schwede. „Mein Herz schlägt für Schweden“, beschreibt er. Auch wenn es nicht in Frage kam, den neuen Stall in Skandinavien anzusiedeln. „Zu weit weg“, erklärt er. Kessel liegt inmitten Europas und an den Strecken zu den großen Turnieren. Die schwedischen Erfolge seit der olympischen Goldmedaille haben den Springsport in Schweden übrigens populär gemacht. Die Reitschulen sind voll, die ländlichen Turniere auch. Es ist ein ähnlicher Boom wie in den 80er-Jahren im Tennis, als ein Mann namens Björn Borg Sportgeschichte schrieb. Als der Blonde mit der Mähne in Wimbledon gewann, war Henrik von Eckermann ein kleiner Junge. Aber sportlicher Erfolg hat ihn schon immer fasziniert. Apropos, in Stuttgart, grinst er, „habe ich noch nie etwas gerissen“. Das soll sich morgen im Großen Preis mit der neunjährigen Stute Iliana ändern. Roland Kern ImWeltcup wird Henrik von Eckermann auf Nachwuchshoffnung Iliana (l.) setzen. Ihre erste Prüfung dieser Art. Gefragter Shootingstar: Henrik von Eckermann (u.) Fotos: TOMsPic

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