REITERJOURNAL-EXTRA 2022 - Sonntag

Seite 34 Rei ter journal -Ext ra Sonntag, 13. November 2022 Frau Simeoni, Sie haben in Stuttgart von der FN das Deutsche Reiterkreuz in Silber erhalten. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung? Ich fühle mich sehr geehrt. Ich bin dem Verband aber auch dankbar, dass er mir diese Auszeichnung erst nach dem Abschluss meiner journalistischen Zeit bei der FAZ verliehen hat. Früher hätte ich sie wahrscheinlich nicht annehmen können, denn es hätte so aussehen können, als hätte der Verband mich vereinnahmt. Aber ich habe die Ehrung genossen und mich über den Tenor der Laudatio von Isabell Werth sehr gefreut. Sie hat dabei auch die Distanz betont, aus der ich immer auf den Sport geschaut habe, und die sie offensichtlich auch in der Zeit empfand, als wir zusammen ihre Biographie geschrieben haben. Es wurde deutlich, dass die Auszeichnung eine Würdigung von kritischem und ehrlichem Qualitätsjournalismus ist, wie er bei der FAZ möglich ist. „Es hat sich extrem verändert“ Die ehemalige FAZ-Sportredakteurin und Buchautorin hat das Deutsche Reiterkreuz in Silber verliehen bekommen – sie behält einen kritischen Blick auf den Sport. Wie breit ist der Spagat grundsätzlich zwischen der Nähe zum Sport und den Akteuren, die man braucht, um gut informiert zu sein – und der notwendigen Distanz, um unabhängig und kritisch berichten zu können? Und wie schwierig war das manchmal? Als Journalist hat man ja erst einmal keine Mission, sondern soll das beschreiben, was man antrifft. Vorurteile und vorgefertigte Meinungen sind Gift in diesem Beruf. Und es ist ein Prinzip, dass man sich keinem Lager anschließen sollte. Auch wenn man die Leute, über die man schreibt, näher kennengelernt hat, gilt das. Sonst ist die Berichterstattung nicht seriös. Gehen die Journalisten zu unkritisch mit den Reitern und dem Verband um? Das kann man so nicht beantworten. Sachliche Kritik ist grundsätzlich gut, unsachliche Kritik ist schlecht. Ich will aber betonen, dass wir Journalisten auch dafür gesorgt haben, dass Missstände angepackt worden sind. Ich erinnere nur an die Diskussion um die Rollkur, die inzwischen verboten ist. Oder an die Zeit der Doping- und Medikationsfällen bei den Olympischen Spielen von Hongkong 2008. Da ist der Sport einmal in sich gegangen. Das müsste er laufend tun. Man muss schon überzeugend erklären können, warum man wie handelt. In der aktuellen Debatte um Tierschutzorganisationen, die auf eine Abschaffung des Turniersports abzielen, werfen einige Reiter wie Isabell Werth der FN Untätigkeit vor. Können Sie das nachvollziehen? Ja. Man hat sich jahrzehntelang zu wenig selbst angeschaut. Ich habe immer wieder zu viele Brüche und Widersprüche festgestellt zwischen dem, was gelebt und toleriert, und dem, was nach außen kommuniziert wird. Evi Simeoni wurde in Stuttgart mit dem Deutschen Reiterkreuz in Silber ausgezeichnet. Foto: Markus Bechert

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