REITERJOURNAL-EXTRA 2022 - Samstag

Seite 18 Rei ter journal -Ext ra Samstag, 12. November 2022 Entweder erbt man Vermögen oder Schulden. Im Fall von Helen Erbe hat sie zu Beginn des Jahres ein wahrlich gutes Erbe angetreten. Sie durfte im Sattel des langjährigen Erfolgspferdes Carlos FRH ihrer Schwester Hannah Erbe Platz nehmen. Der mittlerweile 15-jährige Wallach ist ein echtes Familienpferd und kann bei Nachwuchseuropameisterschaften auf mehrere Medaillen blicken. Ein großes Erbe, welches Helen Erbe antrat. Solch ein Pferd, fast schon ein Professor, gilt es erst einmal zu bedienen. Doch schon zu Beginn des Jahres zeigte sich, dass sich Helen Erbe und Carlos auf Anhieb gut verstehen. Sie siegten zum Auftakt der Piaff-Förderpreis-Saison beim Mannheimer Maimarkt. Darauf folgte der Titel bei den Deutschen Meisterschaften sowie ein Platz im U25-EM Team. Kein Wunder, dass dieses Paar zurecht als Favorit für das Stuttgarter Finale gehandelt wurde. Aufregung vor dem Finale In der Einlaufprüfung machten es die beiden noch spannend. „Nach unserer Turnierpause bin ich am ersten Tag bewusst auf Sicherheit geritten“, beschreibt die strahlende Finalsiegerin. Die restlichen Finalteilnehmer witterten ihre Chance und rückten der Favoritin gefährlich nahe, dennoch reichte es für den Sieg. Am zweiten Tag wollte es das Nachwuchstalent nicht mehr so spannend machen und ritt auf Risiko. Im Finale müssen die besten U25-Nachwuchsreiter einen langen Grand Prix reiten, was für viele eine Herausforderung darstellt. „Vor dem Finale war ich schon etwas aufgeregt. Der lange Grand Prix war für Carlos und mich eine gewisse Challenge, was wir, wie ich finde, super gemeistert haben“, beschreibt Helen Erbe. Der Plan, in den „sicheren“ Lektionen Punkte zu sammeln ging voll und ganz auf, gar so gut, dass man beim heutigen Ritt nach SchwäEin gutes ERBE Helen Erbe setzt sich mit einem wahrlich guten „Erbe“ an die Spitze im Piaff-Förderpreis-Finale. chen suchen musste. Mit sehr viel Frische und Energie starteten die beiden in die Prüfung. So folgten auf eine ausdrucksstarke Trabverstärkung sehr korrekt eingeteilte und kreuzende Trabtraversalen. Die vermehrte Frische und Aktivität aus der Hinterhand machte sich besonders in der Piaff-Passage-Tour bemerkbar, wo der 15-jährige Wallach ausdrucksstarke Passagen sowie aktive Piaffen zeigte. In der Schritttour sah man, dass Carlos heute gut „an“ war. Der starke Schritt zeigte sich nicht ganz gelassen, jedoch mit ordentlichem Übertritt. Die Galopptour startete mit einem kleinen Fehler in den Zweierwechseln. Im Vergleich dazu zeigten sich die Einerwechsel toll ins Bergauf gesprungen und mit gutem Zug nach vorne. In den Pirouetten hätte der Wallach etwas besser vor dem inneren Bein stehen dürfen, wodurch sich der Durchsprung verbessert hätte. Alles in allem eine starke Leistung, die mit 74,1 Prozent belohnte wurde und auch Senioren-Bundestrainerin Monica Theodorescu war voll des Lobes. „Helen ist es gelungen, Höhepunkte herauszuarbeiten. Das war ein reell guter Grand Prix, wobei Carlos einmal mehr besonders in den Trabverstärkungen und Serienwechseln überzeugte“, beschrieb Monica Theodorescu. Die Richterin Evi Eisenhardt fügte hinzu: „Es war ein überlegener Sieg.“ Beide lobten das gesamte Niveau der Finalprüfung oder besser gesagt der Reiterei aller Finalisten. „Wir haben heute durchgehend gute Pferde und gutes Reiten gesehen, und genau das wollen wir. Die Nachwuchsreiter sollen technisch gutes Reiten lernen, was auch eine Voraussetzung für diese Serie ist“, fasste Monica Theodorescu zusammen. Auf dem zweiten Platz folgten wiederum Selina Söder und Zaire mit 74 Prozent. Auch am Finaltag zeigten sich die beiden stark verbessert und punkteten vor allem in einwandfrei zentrierten Galopppirouetten mit schön gesenkter Kruppe. Auch die Piaff-Passage-Tour überzeugte mit Ausdruck. Insgesamt zeigte sich die 18-jährige Stute teilweise etwas stramm in der Oberlinie, was sich in der Trabtour sowie in den Serienwechseln bemerkbar machte. Gute Zukunftsaussichten Alexa Westendarp und ihre elegante Stute Four Seasons rangierten mit 70,3 Prozent auf dem dritten Platz. Sie starteten mit einer energischen Verstärkung und gut kreuzenden Trabtraversalen in die Prüfung. Die Stute zeichnet sich durch sehr viel Eleganz aus und überzeugte mit ausdrucksvollen Passagen, jedoch könnte die Stute auch hier schon mehr aus dem Hinterbein ziehen. Die gewünschte Aktivität aus der Hinterhand schlägt sich dann besonders in der Piaffe nieder. Hier hat die Stute Schwierigkeit sich zu schließen, wodurch sich die Piaffen noch deutlich im Vorwärts sowie leicht stützend auf der Hand zeigten. Im Galopp verloren die beiden Punkte durch Fehler in den Zweierwechseln sowie einem misslungenen Wechsel in der Zick-Zack-Traversale. Mit viel Gleichmaß und hoher Lektionssicherheit punktete sich die Deutsche Meisterin Alina Schrader im Sattel ihrer Paola zu 69,2 Prozent und Platz vier. Henriette Hachmeister, Bereiterin im Stall Pape, und Joana Peterka, Rheinische Meisterin, folgten auf Platz fünf und sechs. Großes Pech hatten die Die Trabverstärkung ist eine der Stärken des Siegerpaares. Fotos: Waldenmaier

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